Ambulant betreute Wohngemeinschaften

Die Qualität bei Ambulant betreuten Wohngemeinschaften richtet sich im Wesentlichen danach, wie der Charakter der Wohngemeinschaft ist und welche Bedarfe die Menschen haben, die in ihr leben. Entscheidend ist die 24 - h - Präsenz und Betreuung. Die Qualität von Wohngemeinschaften ist primär eine Frage der Betreuungsqualität. Die Qualitätsanforderungen an eine pflegerische Versorgung richtet sich nach den Maßstäben, die für ambulante Pflege gelten.

Ambulant betreute Wohngemeinschaften sind eine Lebens- und Wohnform, die "mehr" ist als Betreutes Wohnen und "weniger" als das Leben in einer stationären Pflegeeinrichtung. Sie können in zwei Kategorien unterschieden werden:

Die eine Kategorie ist dadurch gekennzeichnet, dass sich betreuungs- und / oder pflegebedürftige Menschen zusammenfinden, um sich gemeinsam und eigenverantwortlich ihren Wohnraum und die nach ihren Bedürfnissen erforderlichen hauswirtschaftlichen, pflegerischen und betreuerische Dienstleistungen zu beschaffen. Diese Leistungen können von hauswirtschaftlichen Hilfen bis zu den Leistungen ambulanter Betreuung und Pflege reichen. Der wesentliche Unterschied zu Pflegeeinrichtungen ist, dass kein dritter "Träger" die Gesamtorganisation und -verantwortung für das Wohnen und die Dienstleistungen übernimmt, vorhält und erbringt. Entscheidendes Kriterium für das Leben und Wohnen in einer Wohngemeinschaft ist die Selbstbestimmung der in ihr lebenden Menschen in Bezug auf die Gestaltung ihres Lebensumfeldes.

Die andere Kategorie ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Anbieter, regelmäßig ein ambulanter Pflegedienst, als organisatorisches Rückgrat der Wohngemeinschaft agiert. Hier liegt entweder ein gekoppeltes Vertragsverhältnis oder eine sonstige rechtliche Gestaltung, die vertraglich wie auch faktisch ein "Alles - aus - einer - Hand" - Dienstleistungspaket bildet, vor, das die in der Wohngemeinschaft lebenden Menschen von dem Anbieter zu beziehen haben. Der Wohnraum wird durch einen Mietvertrag beschafft und die Dienstleistungen durch Vereinbarungen mit einem oder mehreren ambulanten Dienstleistern. Solche werden je nach Ausgestaltung der Wohngemeinschaft entweder über eine sog. Auftraggebergemeinschaft oder individuell abgeschlossen. Zuweilen gibt es nur ambulante Pflegeverträge, zuweilen aber auch eine Kombination von Pflegeverträgen und Betreuungsverträgen, in der die Leistungen für die Wohngemeinschaft insgesamt und für die einzelnen Personen individuell aufgetrennt werden. Das Leben findet im normalen Wohnumfeld statt.

Wohngemeinschaften sind größere Wohneinheiten (je nach Personenzahl 200 - 300 qm), in denen private Wohnbereiche und die gemeinschaftliche Nutzung von Wohnzimmern, Wohnküchen und ggfls. Gemeinschaftsbädern angemietet werden. Jede in der Wohngemeinschaft lebende Person wohnt in seinem eigenen Zimmer, das mit den eigenen Möbeln einzurichten ist. Für die gemeinsame Gestaltung des Tages stehen die Gemeinschaftsflächen (Wohnküche, Wohnzimmer, geschützter Außenbereich, Garten) zur Verfügung. Der Tagesablauf ist orientiert an familienähnlichen Strukturen und folgt dem Prinzip der "Normalität des Alltags". Anders als in einer Pflegeeinrichtung gibt nicht der Träger die Abläufe vor, sondern sie werden von den Mitgliedern der Wohngemeinschaft selbst organisiert. So weit wie möglich werden - in der Regel unter Anleitung und Unterstützung einer Fachkraft - die Haushaltstätigkeiten (Einkaufen, Kochen, Reinigung, Wäsche etc.) von allen übernommen. Auch Angehörige können und sollen sich an den gemeinschaftlichen Aktivitäten beteiligen und ein wesentliches Fundament des Lebens in der Wohngemeinschaft bilden.

Im Gegensatz zum Betreuten Wohnen steht bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften also die Gewährleistung der pflegerischen Versorgung im Vordergrund.

Da ambulant betreute Wohngemeinschaften "mehr" sind als Betreutes Wohnen und "weniger" als stationäre Pflegeeinrichtungen, sind sie das ideale Angebot für betreuungs- und pflegebedürftige Menschen, die in einer überschaubaren Umgebung von in der Regel nicht mehr als 8 - 12 Mitbewohnern leben und über Art und Umfang der von ihnen in Anspruch zu nehmenden Hilfen weitgehend selbst entscheiden wollen.. Entscheidend ist, dass auch die Angehörigen eine Einbindung in das "Organisatorische" der Wohngemeinschaft wollen, wenigstens akzeptieren. Sie bilden je nach Konzept ein wesentliches Fundament des Lebens in der Wohngemeinschaft. Sie helfen im Tagesablauf, sind Gesprächspartner der in der Wohngemeinschaft arbeitenden Dienstleister und sorgen so fär "Qualität".

AbWGen bewegen sich konzeptionell entweder im Bereich selbstorganisierten Lebens und Wohnens oder im Bereich anbieterverantworteter Angebote.

Selbstverantwortete Modelle verlangen spezifische "Qualitäten". In Hinblick auf die Strukturqualität sind folgende Kriterien hervorzuheben:

  • die Trennung von Vermietung und Versorgungs- / Pflegeangebot und damit Gewährleistung der Wahlfreiheit
  • das Recht auf Mitbestimmung des Einzelnen beim Zuzug neuer BewohnerInnen in die Wohngemeinschaft
  • die Beteiligung von Pflegediensten mit Versorgungsvertrag, die eine feste Teamstruktur und die Pflege bis zum Lebensende gewährleisten können
in baulicher Hinsicht
  • die Barrierefreiheit der Immobilie und
  • das Vorhandensein von Einzelzimmern für jede/n Mieterin und Mieter,
  • die Vorhaltung von mindestens zwei Bädern (bei sechs bis acht Mietern) sowie
  • das Vorhandensein einer großen (Wohn-)Küche, die zentral gelegen ist,
  • und / oder das Vorhandensein eines großen zentralen Wohnzimmer (ersatzweise große Wohnküche) sowie eines Freisitzes (Garten, Terrasse, Balkon)
Bzgl. der Prozessqualität gilt u.a.:
  • die Gewährleistung einer Doppelbesetzung (Präsenz von zwei MitarbeiterInnen) tagsüber
  • die Orientierung der Tagesabläufe an den Gewohnheiten und dem Rhythmus der MieterInnen sowie maximale Beteiligung der MieterInnen an alltäglichen Verrichtungen
  • die regelmäßige Abstimmung mit Angehörigen / gesetzlichen Betreuern der MieterInnen unter Einrichtung regelmäßige Zusammenkünfte
Die angestrebte Ergebnisqualität umfasst u.a.:
  • die Gewährleistung eines guten körperlichen Status der betreuten MieterInnen und die Schaffung von "Wohlbefinden" und "Lebensfreude" der MieterInnen
  • die Gewährleistung vertrauensvollen Bezugs zum eingesetzten Personal.

Dies gilt auch für abWGen für demenziell erkrankte Menschen, wobei hier noch in qualitativer Hinsicht weitere Merkmale hinzutreten, wie z.B. die Schaffung von Laufwegen, um dem Bewegungsdrang der MieterInnen entgegenzukommen, die spezifische Ausstattung der Räumlichkeiten (Biografiebezogenheit) und die Herstellung und Gewährleistung eines schmerzfreien Zustands der Demenzkranken unter Gewährleistung einer krankheitsangemessenen (geringen) Medikation, vor allem aber die Schaffung eines auf die Demenz abgestimmten "Wohlbefindens" der demenzkranken BewohnerInnen, die Vermeidung von "Vegetieren" durch Stimulation, Einbindung und Ansprache.

Anbieterverantwortete Modelle zeichnen sich dadurch aus, dass nicht nur die obigen Qualitätskriterien in Bezug auf die Betreuung gegeben sind, sondern dass der "Anbieter", in der Regel ein ambulanter Pflegedienst, eine besondere Struktur- und Prozessqualität vorweist und die Koordinationsverantwortung wahrnimmt. Einzelheiten werden in der Regel in den Landeseinrichtungsgesetzen, den "Landesheimgesetzen" geregelt.

Die für das Leben und Wohnen in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft anfallenden Kosten setzen sich aus folgenden Positionen zusammen:

  • Miete und Heiz-, Betriebs- und Nebenkosten: Es handelt sich um die "normalen" Kosten des Wohnraums.
  • Pflegevergütungen: Sie bemessen sich nach dem individuellen betreuerischen und pflegerischen Bedarf des Einzelnen und den abgeschlossenen ambulanten Pflegeverträgen.
  • Betreuungspauschale: Hinzutritt häufig eine sog. betreuungspauschale, mit der die 24 - Stunden - Präsenz von "Conciergen" oder "Hausmüttern", also den Präsenzkräften, die keine Leistungen aufgrund der Pflegeverträge erbringen, vergütet werden. Die Gestaltungen sind hier sehr unterschiedlich genauso wie die Höhe der Vergütungen, die im Allgemeinen zwischen 800 € und 1300 € liegen, letztendlich aber vom Leistungsumfang abhängen.
  • Haushaltsgeld: Mit dem Haushaltsgeld sind die Kosten der gemeinschaftlichen Verpflegung und der sonstigen hauswirtschaftlichen Verbrauchsmaterialien abzudecken. Die Höhe richtet sich nach gemeinschaftlicher Festlegung.
  • Die im Einzelfall entstehenden Kosten sind sehr unterschiedlich und richten sich nach dem Charakter der Wohngemeinschaft und den von dem jeweiligen Mitglied der Wohngemeinschaft in Anspruch genommenen Leistungen.
Ein Teil der Kosten kann über die Pflegeversicherung und ggfls. die Sozialhilfe und ggfls. Wohngeld refinanziert werden.

Es gibt keine "Norm" oder "offiziellen Standards" für selbstverantwortete oder anbieterverantwortete Wohngemeinschaften. Der Fachverband WIG Wohnen in Gemeinschaft e.V. hat für selbstverantwortete Wohngemeinschaft Qualitätsstandards definiert.

Hier finden Sie weiteres Informationsmaterial, Publikationen und mehr.

Praxishandbuch Ambulant betreute Wohngemeinschaften

Claudius Hasenau / Lutz H. Michel (Hrsg.)
Ambulant betreute Wohngemeinschaften
Gestalten, finanzieren, umsetzen
2016. 248 Seiten
Bestellnummer: 804
46,00 €

Beispiele für Betreutes Wohnen

In den letzten Jahren haben sich viele Wohngemeinschaften gegründet oder sind gegründet worden. Hier finden Sie Beispiele für besonders gelungene Angebote. "Wohnen in Rotthausen" Wohnen in Rotthausen ist ein Wohngemeinschaftshaus, das der marktführende ambulante Pflegedienst in Gelsenkirchen APD Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH entwickelt hat. Hier finden Sie mehr dazu:

Leben in Rotthausen: APD startet viertes Demenz-Wohnprojekt