Betreutes Wohnen |
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, den Deutschland bereits jetzt erlebt und weit stärker in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erleben wird, sind eine Vielzahl von – experimentellen – Wohnformen entstanden. Das „Betreute Wohnen für Senioren" oder „ServiceWohnen", vielfach auch bezeichnet als „Wohnen mit Service", ist als zukunftsträchtige Wohnform anerkannt und auch politisch gewollt. Die Begrifflichkeit ist nach wie vor jedoch schillernd, da es keine durchgängig anerkannte Definition gibt. Unter die erwähnten Bezeichnungen wurden von Anbietern von Wohnraum so unterschiedliche Wohnangebote wie Altenwohnheime, Seniorenresidenzen, an Pflegeheime angegliederte Pflegewohnungen, „normale" Wohnungen, die mit einem mehr oder minder inhaltsleeren Servicevertrag mit einem Dienstleister Sicherheit im Alter versprachen aber auch unverkäufliche und sodann „umgelabelte" Eigentumswohnungen und andere „Mogelpackungen" gefasst . Hinzu kommt, dass der Markt des „Seniorenwohnens" sehr dynamisch ist und ständig neue Wohnformen hervorbringt: Mehrgenerationenwohnprojekte, Wohngruppenprojekte, gemeinschaftliche Wohnprojekte und vieles mehr mit den verschiedensten Bezeichnungen. Ferner findet sich der Begriff „Betreutes Wohnen" qua lege nur in den neuen Landesheimgesetzen, teils definiert, teils offen. Aller anderer Gebrauch des Begriffs, z.B. in Nutzungsbeschränkungen in Baugenehmigungen, im Zusammenhang mit bauplanungsrechtlichen Festsetzungen sowie in Teilungserklärungen oder Förderrichtlinien des sozialen Wohnungsbaus etc., findet keine normative Verbindlichkeit in gesetzlichen Reglungen. Die Wohnform "Betreutes Wohnen" ist gegenüber den (gesetzlich geregelten) „stationären" Pflegewohnformen, dem alten "Heim", abzugrenzen. Betreutes Wohnen unterscheidet sich hiervon wesentlich durch die Gewährleistung größtmöglicher Wahlfreiheit bei Leistungen und Leistungsanbietern für den Nutzer/Bewohner. Nur die sog. Grundleistungen sind von den Bewohnern verpflichtend bei einem institutionalisierten Leistungsanbieter in Anspruch zu nehmen. Hieraus ergibt sich folgende Definition: „Betreutes Wohnen ist ein Leistungsprofil für ältere Menschen, die in einer barrierefreien Wohnung und Wohnanlage leben, das Grundleistungen/allgemeine Betreuungsleistungen und Wahlleistungen/weitergehende Betreuungsleistungen umfasst. Es unterstützt eine selbstständige und selbstbestimmte Haushalts- und Lebensführung und die Einbindung in soziale Strukturen der Hausgemeinschaft und des Wohnumfeldes" Diese Definition findet sich in maßgeblichen Publikationen z.B. des Kuratorium Deutsche Altenhilf und auch in der maßgeblichen DIN – Norm für das Betreute Wohnen, der DIN 77800 Anforderungen, den Qualitätsanforderungen an Anbieter der Wohnform "Betreutes Wohnen für ältere Menschen", Betreutes Wohnen findet sich in wohnungswirtschaftlichen Ausprägungen, in Formen von sog. „Seniorenresidenzen" und in Typen sog. gemeinschaftlicher Wohnformen. Die häufigste Gestaltung ist, dass ein Wohnungsanbieter sich eines Betreuungsträgers bedient, der die Dienstleistungen erbringt, während er für den Wohnraum sorgt. Bei Seniorenresidenzen findet sich in der Regel ein „Alles aus einer Hand – Angebot". Wohnen und Dienstleistungen werden von einem Residenz – Träger erbracht. Bei verwandten Formen des gemeinschaftlichen Wohnens finden sich interessierte Senioren zusammen, um Wohnen mit Service in Eigenregie zu verwirklichen. Betreutes Wohnen erfordert organisatorisch einen Anbieter für den Bereich Wohnen und einen Anbieter für die Betreuungsleistungen. Die Dienstleistungen umfassen die sog. Grundleistungen / allgemeine Betreuungsleistungen sowie in Wahlleistungen / weitergehende Betreuungsleistungen. Im Bereich der Grundleistungen gibt es drei Leistungskomplexe, nämlich den haustechnischen Service, die Notrufsicherung sowie die Betreuungsleistungen an sich. Der haustechnische Service der Wohnanlage muss einerseits sicherstellen, dass im Störungsfall Maßnahmen zur Sicherstellung der Haustechnik eingeleitet werden und andererseits, dass die Wohnanlage bzgl. der Allgemeinflächen gereinigt wird. Ferner braucht Betreutes Wohnen das Vorhandensein eines sog. Hausnotrufs und dessen Anschluß an ein entsprechendes Notrufsystem. Dabei muß der Betreuungsträger den Hausnotruf nicht selbst betreiben. In der Regel tun dies die großen Hausnotrufzentralen. Adressaten der Betreuungsleistungen sind die Bewohner, gegebenenfalls der gesetzlicher Betreuer, Angehörige und Bewohnern nahe stehende Personen (z.B. auch Vertreter). Erbringer dieser Betreuungsleistungen vor Ort in der betreuten Wohnanlage (operativ Tätiger) ist die „Betreuungsperson". Die Betreuung muss die Teilbereiche Beratung, die regelmäßige Informationstätigkeit und die Vermittlungs- und Organisationstätigkeit umfassen. Hinzu kommt der Aufgabenkomplex soziale und kulturelle Aktivitäten. Die Beratungstätigkeit der Betreuungsperson muss z.B. die Beratung bei der Organisation des Umzugs bzw. Einzugs, bei allgemeinen Behördenangelegenheiten und in Krisensituationen umfassen. Dabei muss die Beratungstätigkeit zu bekannt zu gebenden Zeiten in Gestalt von wöchentlichen festen Bürosprechzeiten und in Sprechzeiten nach Bedarf erfolgen. Die regelmäßige Informationstätigkeit muss orientiert am Bedarf bezogen auf die Bewohner laufende Information z.B. zu folgenden Gegenständen umfassen: kulturelle Angebote und Bildungsangebote, ÖPNV (Linienführung, Fahrtzeiten, Preisgestaltung, Leistungsangebote), Angebote der Grund- und Wahlleistungen Haustechnik, Handhabung der Notrufgeräte, Einkaufs– und Dienstleistungen einschließlich ambulanter / Dienstleistungen und Angebot von Hausnotrufdiensten. Die Vermittlungs- und Organisationstätigkeit muss z. B. auf Wunsch des Bewohners u. a. Hilfestellungen bei der Auswahl und Kontaktaufnahme zu ambulanten Diensten und hauswirtschaftlichen Diensten umfassen. Im Hinblick auf soziale und kulturelle Aktivitäten wird gefordert, dass Kontakte und Hilfen untereinander angeregt werden müssen sowie Kontakte zu im Quartier agierenden anderen Institutionen, Organisationen etc. zu fördern sind. Bei den Anregungen muss es sich nicht etwa um ausgearbeitete Programme und Aktivitäten handeln, vielmehr ist es ausreichend, wenn die Betreuungsperson wie eine Art Ideengeber agiert und z.B. die Einbeziehung der Bewohner in die Aktivitäten von Drittanbietern initiiert. Dies kann auch durch die Aushändigung von Informationsmaterial von Drittanbietern erfüllt werden. Neben den Grundleistungen stehen die sog. „Wahlleistungen" oder „weitergehenden Betreuungsleistungen", deren Bezug dem Bewohner ermöglicht werden muß. Bei den Wahlleistungen handelt es sich um „Leistungen, die über die allgemeinen Betreuungsleistungen hinausgehen, sowie die Verpflegung, bei denen die Mieter weder zur Abnahme von einem bestimmten Anbieter, noch zur Abnahme der Leistung selbst verpflichtet sind. Der Bewohner muß die vollkommene Wahlfreiheit hinsichtlich der Auswahl von Leistungen des Wahlleistungskatalogs wie auch hinsichtlich der Auswahl der Anbieter haben. Das heißt, dass der Anbieter des Betreuten Wohnens keinerlei Koppelung von Leistungen oder Leistungsanbietern mit seinen Leistungen im Bereich der Verschaffung von Wohnraum und Erbringung von Grundleistungen vornehmen darf bzw. damit weitergehende Leistungsangebote verbinden darf. Diese Wahlleistungen kann der Anbieter des Betreuten Wohnens entweder zusätzlich zu dem Wohnangebot und den Grundleistungen selbst erbringen oder, wenn er diese nicht selbst erbringen will, muß er die Vermittlung dieser Dienstleistungen als eigene Verpflichtung „sicherstellen". Die Erbringung durch den Betreuungsträger gehört also nicht zum zwingenden Bestandteil seines Leistungsumfangs. Er muß sie, wenn er sie nicht selbst erbringt „vermitteln". Die Sicherstellung der Vermittlung erfordert einerseits Vorkehrungen beim Anbieter und andererseits eine vertragliche Regelung zwischen ihm und dem Erbringer der Wahlleistungen / weitergehenden Betreuungsleistungen. Als fakultative Wahlleistungen kommt eine Vielzahl von Leistungen in Frage: ambulante Pflegeleistungen, hauswirtschaftliche Dienstleistungen, Reinigungsleistungen für die vom Bewohner genutzte Wohnung, Einkaufs- und sonstige Begleitungsdienstleistungen etc. Der Bewohner schließt einen Mietvertrag mit dem Anbieter des Wohnens und einen Betreuungsvertrag mit dem Betreuungsträger ab. Beide Verträge sind gekoppelt. Beide Anbieter sind durch einen Rahmenvertrag verbunden, der sicherstellt, das die kombinierte Leistung „Betreuung + Wohnen" erbracht werden kann und erbracht wird. Das erfordert, dass in der vertraglichen Gestaltung des Betreuten Wohnens – sei es in 2 Verträgen (Miet- und Betreuungsvertrag) oder in einem einheitlichen Vertragswerk (Servicewohnvertrag) – klar geregelt ist, dass das Leistungsangebot des Betreuten Wohnens nur die Komponenten Wohnen und Grundleistungen umfasst und der Bewohner die absolute Wahlfreiheit bezüglich der Wahlleistungen hat. Zweitens muss die Vertragsgestaltung einerseits die Regelung des Wohnens und andererseits die Regelung der Grundleistungen umfassen, wobei Mietvertrag und Betreuungsvertrag sich in der Weise einander bedingen, dass das mietvertragliche Element nicht von dem dienstvertraglichen getrennt werden kann, also die Norm von einem typengemischten Rechtsverhältnis ausgeht, das sowohl nutzungsrechtliche wie auch dienst-/werkvertragliche Elemente umfasst. Übergreifend ist eine eindeutige Leistungsbeschreibung, die eindeutige Transparenz bzgl. der Leistungszuordnung und der Vergütungen der Leistungskomponenten geboten. Hierdurch soll auch Klarheit und Transparenz zwischen den Leistungsangeboten unterschiedlicher Anbieter geschaffen werden. Es geht dabei z.B. um die exakte Beschreibung des Nutzungsobjekts und der Preisgestaltung und bzgl. der Grundleistungen wesentlich um die Regelung etwaiger Entgelterhöhungen. Im Hinblick auf die Wahlleistungen ist die genaue Bezeichnung möglicher Betreuungsträger und Leistungen erforderlich, wobei jedoch keine Bepreisung im Vertrag vorgesehen sein muß (Drittanbieter!). Diese Anforderungen haben gravierende Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung im Betreuten Wohnen. Einerseits ist die Vertragsstruktur entsprechend zu gestalten und andererseits müssen die Verträge bzw. der – integrierte – Servicewohnvertrag den formellen und materiellen Normanforderungen entsprechen. Für eine Vielzahl verwandter Vertragsmuster steht damit die Anpassung an die Norm an. Unklare und intransparente Vertragswerke ohne klare Leistungsbeschreibungen, mit redundanten Regelungen, diffiziler Verweisungstechnik etc. sind nicht nur nicht zertifizierungsfähig, sondern werden bei AGB-rechtlicher Überprüfung – spätestens in etwaigen gerichtlichen Verfahren – dem Verwender vermeidbare Rechtsrisiken bringen. "Betreutes Wohnen" heißt Betreutes Wohnen gemäß der Mindeststandards der DIN 77800 ... ist die durch unabhängige, kompetente Gutachter vorgenommene Prüfung der
Normkonformität und die daraufhin erfolgende Bewertung und Bestätigung der Normkonformität
durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle. Die Zertifizierung der Europäischen Norm CEN / TS 16118 erfolgt durch Austrian Standards plus Certification. Mehr Informationen dazu finden Sie < << hier > > > Hier finden Sie weiteres Informationsmaterial, Publikationen und mehr.
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